2. Jeder Mensch ist natürlich gesellschaftlich

Menschliche Natur ist gesellschaftlich *
Jeder Mensch ist (natürlich) gesellschaftlich *
A) Gesellschaft *
Aa) Unterschied Interaktion - Kooperation *
Ab) Unterschied Kooperation - Gesellschaft *
B) Individualisierung: *
C) Welche Freiheit?: *

 

Jedes Neugeborene bedarf der menschlichen Fürsorge und Gemeinschaft. "Der Mensch ist durch seine Natur auf die Gemeinschaft mit anderen angelegt" - schrieb Aristoteles (S.11). Diese Meinung wurde mit dem Aufkommen des Individualismus - parallel mit dem Aufstieg des Bürgers als individuellem neuem Träger ökonomischer Handlungsfähigkeit - abgewertet. Rousseau stellte sich die Menschen als von vornherein Vereinzelte dar, die erst durch einen Gesellschaftsvertrag eine Gesellschaft bilden können. Gegenüber der Auslöschung der Individualität im "Volk" oder auch in Parteien setzte Max Stirner seine Forderung: "Wir [...] wollen nicht bloß politische Menschen oder Politiker sein." (Stirner, S. 228).

In fast allen Debatten über "Vergesellschaftung" im Kapitalismus und bei der Suche nach neuen Vergesellschaftungsformen wird deutlich, daß auch wir oft die bürgerliche Vorstellung des isolierten Einzelnen und sich erst danach vergesellschaftenden Menschen vertreten. Das steht aber im Widerspruch zu dem oben abgeleiteten Satz: "Die Menschen können gar nicht mehr ohne diese neue Qualität, die neue Funktion, das neue Verhältnis der Gesellschaftlichkeit leben und überleben." Wir brauchen also zumindestens eine andere Vorstellung von Gesellschaft als jene, bei der das Individuelle verloren ginge.

Menschliche Natur ist gesellschaftlich

Eine Lesart des Satzes von der gesellschaftlichen Natur der Menschen bezieht sich auf das Verhältnis von Natur und Gesellschaft. Es gibt keinen ausschließenden Gegensatz zwischen Natur und Gesellschaft. Menschen sind ein Ergebnis der Naturgeschichte. Menschliche Handlungen können weder physikalische noch biotische Gesetze außer Kraft setzen. Bereits für das Lebendige sind nicht mehr nur kausale Wechselwirkungen zwischen Stoff und Energie spezifisch, sondern funktionelle Wechselbeziehungen zwischen Organismus und ihrer Umwelt. Nach der Entstehung der individueller Lern- und Entwicklungsfähigkeit bekommt die Ebene des Sozialen bereits bei der Tierwelt eine hohe Bedeutung. Nach dem Dominanzwechsel spezifiziert sich dieses Verhältnis für die entstandenen Menschen in ihrer Gesellschaft: Aus der (spezifisch biotischen) Organismus-Umwelt-Beziehung wird die (spezifisch gesellschaftliche) Mensch-Welt-Beziehung, die die früheren Aspekte lediglich als unspezifische, nicht mehr das Wesen und die Entwicklung bestimmende, enthält.

"Der Mensch wird durch einen derartigen Kumulationsprozeß genomischer Information zum einzigen Lebewesen, das aufgrund seiner >artspezifischen< biologischen Entwicklungspotenzen zur gesellschaftlichen Lebensgewinnung fähig ist." (Holzkamp 1985, S. 179)

Abbildung 4: Entwicklungsniveaus und Wechselwirkungsfaktoren (nach Meretz)

Gesellschaft ist nichts "Zusätzliches", nichts, was "zur Natur noch hinzukommen" muß. Der Hauptevolutionsfaktor ist nicht mehr biotisch bestimmt, sondern besteht in einer "aktiven Anpassung des gesellschaftlichen Lebensprozesses an die Außenweltanforderungen" (Holzkamp, S. 180). Diese Fähigkeit ist jedoch selbst eine natürliche - sie entstand "auf phylogenetischem Wege" (ebd.). Der bestimmende Prozeß im gesellschaftlichen Leben ist die Arbeit, die "kollektive vergegenständlichende Naturveränderung und Kontrolle von Naturkräften zur vorsorgenden Verfügung über die gemeinsamen Lebensbedingungen" (Holzkamp, S. 176f.).

Jeder Mensch ist (natürlich) gesellschaftlich

Die für uns wichtigere Lesart dieses Satzes bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und dem jeweils besonderen Individuum: "Ein Mensch ist kein Mensch" - sagt ein Sprichwort richtig. Auch Individuum und Gesellschaft sind keine einander ausschließenden Entitäten. Gesellschaft ist nicht die Summe der Individuen. Menschliche Individuen tragen die Gesellschaftlichkeit stets in sich (die je konkrete Gesellschaftsform ebenfalls!). Es wird kein Bindemittel irgendeiner Art (Medium: Macht, Geld, Verantwortung...) zwischen "eigentlich isolierten" Individuen zur Vergesellschaftung benötigt.

Vieles, was meist nur in Bezug auf die Einzelnen diskutiert wird (Existenzsicherung, Bedürfnisbefriedigung...), erweist sich bei jedem einzelnen Menschen als gesellschaftlich bestimmt:

  • Zur Existenzsicherung des Einzelnen gehört nicht nur die Erhaltung des eigenen Organismus und die Fortpflanzung, sondern auch die kooperative Schaffung verallgemeinerter Lebensbedingungen als Voraussetzung für eine vorsorgende Existenzerhaltung des Einzelnen. Die Bereitschaft zur Beteiligung an kooperativen Lebensgewinnungsformen ist in der "natürlich-gesellschaftlichen" Antriebs- und Bedürfnislage des Einzelnen verankert - auch ohne Zwang oder bewußte Einsicht.
  • Die Bedürfnisse menschlicher Individuen sind nicht zu verwechseln mit rein individuellem Bedarf zum Ausgleich von Mangelzuständen. In menschlichen Bedürfnissen ist stets das Bedürfnis nach kooperativer Vorsorge enthalten. Menschliche Bedürfnisse sind nicht befriedigt, wenn kein aktuelle Mangel-, Not- und Bedrohungssituationen vorliegen, sondern erst "im Zustand der verallgemeinert-vorsorgenden Abgesichertheit" (Holzkamp 1985, S. 215).
  • Die biotisch festgelegten individuellen Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten jedes Menschen verlangen eine "Hineinentwicklung" in den gesellschaftlichen Lebensgewinnungsprozeß (bei Holzkamp als Thema der Ontogenese speziell untersucht).

Trotzdem ist dieses Verhältnis kein "Wischi-waschi-Einheitsbrei", sondern gestattet eine Unterscheidung der beiden unterschiedlichen Pole: Gesellschaft und Individuum und eine deutlichere Sicht auf die Vermittlung zwischen beiden.

A) Gesellschaft

Die Ebene menschlicher Wechselbeziehungen wird oft sehr unterschiedlich benannt. Solche Benennungen sollten auf einer klaren Begriffsbildung beruhen. So macht es durchaus Sinn, das Soziale und das Gesellschaftliche zu trennen - Sozialverbände gibt es bereits im Tierreich, sie machen nicht das Wesen der menschlichen Beziehungen aus. Die Spezifik der Lebenserhaltung in der Gesellschaft besteht in der "bewußte(n), vorsorgende(n) Verfügung über gemeinsame Lebensbedingungen durch kollektive Arbeit etc.." (Holzkamp 1985, S. 184). Nicht die Existenz der Gesellschaft ist (Selbst-)Zweck, sondern die Existenzerhaltung der Einzelindividuen ist hier das bewußt angestrebte Ziel. Somit ist es auch prinzipiell unangemessen, die Individuen "in ihrer Funktion für" die Gesellschaft zu betrachten.

Trotzdem gibt es verschiedene Vermittlungsebenen.

Aa) Unterschied Interaktion - Kooperation

Die Aktivität lebendiger Organismen stellt ja schon eine neue Qualität gegenüber dem Geschehen in der physischen Welt dar. Für die Hominiden nach dem Funktionswechsel erhalten Aktivitäten eine neue Qualität, die dann zur Unterscheidung "Operationen" genannt werden. Bei Operationen werden die "Erfolge" der Aktivitäten bereits kontrolliert. In ständiger Wechselwirkung von "Probieren" und "Beobachten" entsteht ein kontrollierbarer Rückkopplungs- und Regulierungsprozeß, der primär auf das Einzelwesen bezogen ist (Holzkamp, S. 264). Aber auch die Sozialpartner werden in diese Regulierung einbezogen. Interaktion ist jede Regulierung der Aktivitäten der einzelnen (Hominiden oder) Menschen untereinander - im unmittelbaren und direkten Zusammenwirken der Individuen auf operativer Ebene.

Nun kommen wir zum Übergang zur Kooperation: Bereits hier entsteht Fähigkeit, zukünftige gemeinsame Ergebnisse gedanklich vorwegzunehmen, zu antizipieren. Zuerst (und bei Tieren) ist diese Antizipation das Ergebnis individueller Lernprozesse. Durch die Entwicklung von Werkzeugen zu Arbeitsmitteln (nach dem Funktionswechsel), in denen ihre Brauchbarkeit und ihr Zweck "vergegenständlicht" sind (vgl. Holzkamp S. 211), ist auch diese Antizipation im Arbeitsmittel "vergegenständlicht" und braucht nicht jedesmal erst individuell erlernt werden. Durch diese Vergegenständlichung von allgemeinen Brauchbarkeiten in den Arbeitsmittel selbst (also immer auch für später und für andere) bekommen die Operationen eine neue Qualität. Die Antizipationen beziehen sich nicht nur auf den Nutzen des hergestellten Gegenstandes "für mich und direkt" - sondern auf den verallgemeinerten Nutzen - der eingebunden ist in die verallgemeinerte, d.h. gemeinschaftlich hergestellte Vorsorge für die je individuelle Existenz.

Im Unterschied zur Interaktion ist bei der Kooperation der überindividuelle Zusammenhang direkt auf diese verallgemeinerte Vorsorge für die je individuelle Existenz bezogen.

Dabei wird die Unmittelbarkeit durchbrochen: Schon beim gemeinsamen Jagen wäre es z.B. für den Treiber individuell nicht sinnvoll, das Wild von sich wegzujagen - erst mittelbar wird der gemeinsame Jagderfolg auch für ihn sinnvoll (vgl. Holzkamp S. 280f.).

Kooperation ist deshalb mehr als ein "unmittelbares Miteinander-Tun", wie die Operation, sondern ein darüber hinausgehender Zusammenhang. Schon dieser Zusammenhang läßt sich nicht mehr als "Summe von Interaktionen", d.h. individuellem wechselseitigen Tun, verstehen - wie es allzuoft versucht wird.

Dies waren Unterscheidungen noch "unterhalb" der Ebene des Gesellschaftlichen. Mit dem Dominanzwechsel setzte sich gegenüber der bloßen Interaktivität/Kooperativität gesellschaftliches Handeln als bestimmende Form menschlichen Tuns durch. Dabei ist das Tun jedes Individuums auf die Gesellschaft, nicht mehr nur den Kooperationszusammenhang - bezogen. "Handeln" ist dabei eben nicht - wie sonst oft üblich - "jedes beliebige Tun", sondern stellt in der eben diskutierten Reihenfolge immer weiter spezifizierter Aktivitäten die spezifische menschliche "Erhaltung/Entwicklung individueller Existenz unter durch >Arbeit< geschaffenen und erhaltenen gesellschaftlichen Lebensbedingungen" (Holzkamp, S. 267) dar.

Ab) Unterschied Kooperation - Gesellschaft

Die Spezifik gesellschaftlicher Lebenserhaltung hatten wir bestimmt als "bewußte, vorsorgende Verfügung über gemeinsame Lebensbedingungen durch kollektive Arbeit etc.. " (Holzkamp 1985, S. 184). Bereits in Kooperationen ist die Vorsorge nicht nur auf Individuen bezogen, sondern die kooperierenden Gemeinschaftsmitglieder antizipieren einen gemeinsamen verallgemeinerten Nutzen, und um diesen zu realisieren, operieren sie "zielbewußt". Bei Kooperationen sind die beabsichtigten Zwecke und dazu zu realisierenden Ziele noch vorgegeben. Sie ergeben sich aus übergreifenden Zusammenhängen - der Einbindung in die Gesellschaft und werden innerhalb des Kooperativen nicht verändert. Erst durch Eingriffe auf die gesellschaftliche Ebene werden diese gesellschaftlichen Zielkonstellationen veränderbar. Kooperationen dagegen dienen nur dem Umsetzen schon vorgegebener Zielkonstellationen.

Gegenüber Interaktionen oder Kooperationen hat die gesellschaftliche Ebene - nach dem Dominanzwechsel - einen verselbständigten Systemcharakter. Menschliche Existenzerhaltung geschieht immer im Rahmen gesellschaftlicher Produktion und Reproduktion - die Beiträge der Einzelnen erzeugen dieses System - aber nicht mehr direkt in operativer oder kooperativer Weise, sondern eher indirekt und vielfach vermittelt.

Dadurch entsteht die unaufhebbare Problematik: Menschen produzieren ihre gesellschaftlichen Lebensverhältnisse und existieren gleichzeitig unter ihnen. Gesellschaftliche Verhältnisse sind einerseits vorgefundene Voraussetzungen der individuellen Existenzsicherung, und jeder Mensch muß durch seinen Beitrag zur gesellschaftlichen Lebensgewinnung diese Voraussetzungen seiner individuellen Existenz prdouzieren und reproduzieren helfen (Holzkamp, S. 192) - ABER: Diese beiden Momente treten stärker auseinander und verselbständigen sich: Die produzierten Lebensmittel/-bedingungen im Prinzip allen Gesellschaftsmitgliedern zur Verfügung, "unabhängig davon, ob sie an deren Produktion beteiligt waren" (ebd. S. 193).

Menschliches Handel - wie wir es oben bestimmten - hat immer einen Bezug zum Gesellschaftlichen - auch Kooperationen und Interaktionen sind (nach dem Dominanzwechsel) jeweils Untereinheiten von Handlungen.

Auf diese Weise wird deutlich, daß menschliches Handeln auf keine Fall auf Kooperationen, Interaktionen oder gar tierische Verhaltensaktivitäten reduzierbar ist. Und auch als Untereinheiten werden sie durch die "gesellschaftliche Natur" der Menschen überformt oder spezifiziert.

B) Individualisierung:

Schauen wir uns den anderen Pol des Individuum-Gesellschaft-Verhältnisses an. Menschliche Aktivitäten oder Operationen befinden sich immer innerhalb gesellschaftlicher Zusammenhänge. Direkt auf die Gesellschaft bezogenes, spezifisch menschliches Tun, hatten wir als Handeln spezifiziert. Inwieweit sind auch Operationen auf die Gesellschaft bezogen? Nun, sogar wenn ein Mensch z.B. einen Gegenstand "nur für sich" herstellt, macht er dabei "den kooperativ-gesellschaftlich entstandenen verallgemeinerten Gebrauchszweck für sich nutzbar" (Holzkamp, S. 271). In Arbeitsmitteln sind verallgemeinerte Brauchbarkeiten, also Mittelbedeutungen, vergegenständlicht (ebd. S. 268) - ob er sich dessen gerade bewußt ist oder nicht. Auch seine individuelle Ziele bewegen sich immer innerhalb gesellschaftlicher Zielkonstellationen.

Trotzdem ist der Einzelne - wie wir oben schon erwähnten - nicht ein funktionsausübendes Element zwecks Selbsterhalt des Ganzen. Gesellschaft ist nur Gesellschaft, wenn die Individuen nicht austauschbare, miteinander identische Elemente sind, sondern je ihre eigene Besonderheit ausleben und als solche handeln. Gesellschaft ist nicht die Summe vereinzelter, "eigentlich" isolierter Individuen - sondern wird durch individuelle Subjekte handelnd konstituiert (geschaffen). Individualisierung bedeutet in diesem Zusammenhang nicht etwa die Abkopplung von der Gesellschaft, sondern sie bedeutet, die je eigene "besondere gesellschaftliche Vermitteltheit zu leben" (Rudolph). Das heißt auch: "Wenn ich lebe, alle Ausdrucksformen meiner ganz einzigartigen Individualität sind zugleich gesellschaftlich Relevante, so halte ich der Menschheit ihre eigene Großartigkeit vor Augen, mir. " (Rudolph, S. 10).

Dies betrifft AUCH jene Menschen, die wir i.a. behindern und als "Behinderte" bezeichnen. Jedes - unter den jeweiligen auch technischen Möglichkeiten - lebensfähig geborene menschliche Wesen steht in seiner - auch gehandicapten Besonderheit - automatisch in menschlichen Beziehungen. Diese Beziehungen sind es, die seine Menschlichkeit ausmachen - nicht die Höhe der geistigen Leistungsfähigkeit. Sogar wenn die anderen Menschen eher abweisend reagieren - reagieren sie innerhalb ihrer gesellschaftlichen Kontexte, die ihnen nahelegen, Gesellschaftlichkeit gedanklich auf die potentiellen Beiträge des Einzelnen zum Funktionieren der Gesellschaft zu reduzieren. Auch diese negative Beziehung ist eine gesellschaftliche Beziehung - sie wird durch menschliches Handeln erzeugt - und ist veränderbar (auf diese spezifische Möglichkeitsbeziehung des So- oder Anders-Handelns kommen wir im 3. Punkt ausführlich zu sprechen).

Wir hatten bereits oben verdeutlicht, daß auch Existenzsicherung und Bedürfnisbefriedigung jedes besonderen Menschen sich immer auf die Gesellschaft bezieht. Er hat nicht nur physiologische Bedarfszustände (Hunger, Durst...), sondern ihre menschlische Qualität zeigt sich in ihrer Bezogenheit auf eine verallgemeinerte Vorsorge. So entwickelt sich als zentrales Lebensbedürfnis die Beteiligung des Menschen an der Schaffung von vorsorgenden Lebensbedingungen, unter denen abgesichert-angstfreie Primärbefriedigung abgesichert ist. Und da individuelle Vorsorge notwendig ein >Fall von< gesellschaftlicher Vorsorge ist, kann die individuelle Vorsorge nichts anderes sein als individuelle Beteiligung an gesellschaftlicher Vorsorge. (Holzkamp, S. 296). Dies ist auch die Grundlage dafür, daß es in jedem Menschen selbst jene Faktoren gibt, die zu seiner Vergesellschaftung beitragen. Dazu wird nicht notwendigerweise Zwang, Machtausübung, Geldmedien, Verantwortung oder ähnliches benötigt.

C) Welche Freiheit?

Wir haben bei beiden Polen gemerkt, daß sie immer nur als sich aufeinander Beziehende behandelt werden können. Wer die Dialektik kennt, wird sich darüber nicht wundern. Deshalb findet sich natürlich auch bei Hegel eine entsprechende Erkenntnis. Er kritisiert jene Freiheitsvorstellung, die in der Freiheit nur eine Befreiung von Vermittlungen und Verbindungen zu anderen Menschen oder der Gesellschaft sieht. Die wahre Freiheit wird erst in der Erweiterung der Freiheit in der Gemeinschaft mit anderen gefunden:

"Die Gemeinschaft der Person mit anderen muß daher wesentlich nicht als eine Beschränkung der wahren Freiheit des Individuums, sondern als eine Erweiterung derselben angesehen werden.." (Hegel 1801, S. 82)

Literatur:
Aristoteles (1909): Nikomachische Ethik. Jena 1909
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1801): Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie. In Hegel-W Bd. 2
Rousseau Jean-Jacques (o.J.) Der Gesellschaftsvertrag oder Die Grundsätze des Staatsrechtes. dt. von Hermann Denhardt, Leipzig
Rudolph, Iris (1998): Umbrüche und ein drittes Kind, Frankfurt
Stirner, Max (1924): Der Einzige und sein Eigentum. Berlin
 

Weiter: Die spezifische Möglichkeitsbeziehung der Menschen gegenüber der Welt

siehe auch: Wochenendgespräche zum Thema "Zweck-Mittel-Umkehrung" - Was ist der Mensch? - Was ist Gesellschaft?

   Dieser Text als Open-Theory-Projekt

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- Diese Seite ist Bestandteil von "Annettes Philosophenstübchen" 2001 - http://www.thur.de/philo/kp/naturmensch.htm -